Inga

 

Schädelhirntrauma (SHT)

Ein Schädelhirntrauma ist eine Verletzung des Schädels mit Gehirnbeteiligung durch eine Gewalteinwirkung auf den Kopf, z.B. durch einen Sturz oder Schlag. Da das Gehirn unser System steuert, kommt es je nach betroffener Hirnregion zu verschiedensten Funktionsausfällen: körperlich, aber vor allem auch kognitiv (z.B. Bewegung, Sprache, Gedächtnis). 

 

 

Der Unfall

Vor neun Jahren mit 16 Jahren erlitt ich durch einen Unfall ein schweres SHT und geriet in Lebensgefahr. Ich beschreibe diesen gerne als meinen „Reset“. Wie bei einem Computer, den man wieder auf seine Werkseinstellungen zurücksetzt.

Beim Erwachen aus dem Koma war ich fast wie ein Kind im Körper einer Jugendlichen.

Mein Gehirn und mein Körper brauchten viel Zeit, um zu heilen.

 

Heute betrachte ich die vergangenen 9 Jahre trotz leichtem Schmerz über das Verlorene vor allem mit großer Dankbarkeit für das Zurückgewonnene. Ich komme aus dem Staunen darüber, wozu unser Gehirn in der Lage ist, gar nicht mehr raus: wie die Aufgaben von so vielen gestorbenen Hirnzellen „einfach“ (mit Zeit und Training) von anderen Hirnzellen übernommen werden können. Was für ein Wunder. 

 

Blick auf das Leben

 

Das Ereignis hat meine ganze Familie und mich verändert.

Jeden auf seine individuelle Art und Weise und alle so, dass wir noch näher zusammengerückt sind.

„Dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen“ zu sein, genauso wie der Vertrauensverlust in sich selbst durch das Verlieren von selbstverständlichen Grundfunktionen, haben besonders auch meinen Blick auf das Leben verändert.

 

Gerade noch eine pubertierende Jugendliche auf der Suche nach Identität, schon eine hilflose Fremde im eigenen Körper.

 

Der darauffolgende Kampf zurück ins Leben beinhaltete zwei Ebenen: die physische Ebene, die Regeneration der Verletzungen, körperliche und vor allem kognitive Funktionen wieder richtig zu erlernen.

Training und extra viel Lernen, Lernen, Lernen. Es bedeutete aber auch die Schwierigkeit, es zurück in unsere Gesellschaft zu schaffen, zur alten Lebensqualität zurück und gesellschaftlich gleichwertig teilhaben zu können, sich „normalen“ Lebensherausforderungen stellen zu können. 

 

Das zeitweise "Rausfallen" aus dieser Leistungsgesellschaft - schöner, schneller, besser – hat mir dabei unter anderem auch die Möglichkeit gezeigt, mal die Perspektive zu wechseln.

Das gesellschaftliche Konstrukt wie von außen zu betrachten und dessen Ideale immer wieder zu hinterfragen.

 

Auch die Frage danach, warum wir hier auf Erden sind, hat dabei eine Rolle gespielt.

Heute glaube ich daran, dass wir alle aus einem bestimmten Grund hier sind, den es für jeden individuell zu entdecken gilt.

 

Auf eine gewisse Art und Weise kann ich mittlerweile Teile dieser Erfahrung, die mit Abstand die schlimmste meines Lebens war, als Geschenk wahrnehmen, das sich jetzt, nach vielen Jahren der Regeneration, entfalten kann. 

 

Wir haben wohl alle unsere Geschichten und etwas mit uns herumzutragen – egal, wie es nach außen scheinen mag. Vielleicht können wir uns in Verständnis und Mitgefühl üben - füreinander und auch für uns selbst. :)